Das unruhige Herz findet keine Ruhe


Kaum verging ein Tag, an dem wir nicht den Camino vermisst hätten und eigentlich wollten wir in diesem Jahr 2011unseren Weg auf der Via Baltica fortsetzen. Wir planten eine Pilgertour von Bremen nach Osnabrück, bis zu diesem einen Wochenende, an dem es in Strömen regnete und die Welt vor unserem Fenster trist und grau daher kam. Aus Verzweiflung saß ich an meinem PC und durchstöberte die Flugbörsen. Warum ich gerade auf die Seite von Santiago de Compostela kam, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich nur daran, das ich zu meinem Engelchen, die sich die Zeit an ihren Laptop mit einem Spielchen vertrieb,rief:,, Wollen wir wirklich im September auf der Baltica laufen?? Hast du dir mal das Wetter angeschaut? Das geht nun schon seit Wochen so. Regen,Sturm und kühle Temperaturen. Also ich habe da einen sehr günstigen Flug nach Santiago gefunden und es wäre doch schön, wenn wir den Weg nach Finisterre noch einmal gehen könnten, was meinst du?,, Oh ja, das machen wir ,kam ihre Antwort schnell und laut zurück. Und schon war der Bestellbutton gedrückt und somit der Flug für den 17.09.2011 gebucht. Die Wochen vergingen im Schneckentempo und die Arbeitswochen zogen sich ins Unendliche,doch dann war der Tag endlich da.. Früh um 6.40Uhr fahren wir mit dem Linienbus von Rahlstedt zum Flughafen Hamburg Fuhlsbüttel. Unsere Rucksäcke waren schnell gepackt, darin haben wir ja schon etwas Übung. Auch mein Pilgerstab, den ich mir selber angefertigt hatte, musste auch mit. Mein Gott, was ist es doch ein schönes Gefühl. In Gedanken waren wir schon unterwegs und ich glaubte schon das Brennen meiner Füße zu spüren, wie es sich nach einem langen Pilgertag fast immer einstellte. Schnell noch eine Tasse Kaffee getrunken und dann ging es auch schon los. Pünktlich um 9,05Uhr startete unser Flugzeug nach Frankfurt,wo wir 45Min. später landen. Nun beginnt eine lange Wartezeit von fast 4 Stunden. Unsere Geduld wurde schon auf eine harte Probe gestellt. Endlich ging es weiter nach Madrid mit einem Flieger der SpanAir. Das Platzangebot in der Maschine war schon sehr begrenzt und ich glaubte schon wieder meine Füße zu spüren. Alles tat mir weh, doch Pilger sind stark und alles geht vorüber. Mit einer 3/4 Std. Verspätung landen wir in Madrid und es bleiben nur wenige Minuten Zeit um zu unserem Flieger nach Santiago zu gelangen. Im Laufschritt geht es lange Wege bis zur Gangway und ich denke bei mir. Hoffentlich schaffen es unsere Rucksäcke auch noch.Nicht das wir ohne unsere paar Sachen auf dem Camino stehen. In der Nebenreihe saß ein junges Pärchen, die aufgeregt in einem Reiseführer vom Jakobsweg blätterten. Gleich kamen wir ins Gespräch und es stellte sich heraus, das die beiden von Caccabelos aus nach Santiago gehen wollen. Gemeinsam gingen wir nach unserer Landung in Santiago zur Kofferausgabe und wir waren sehr erleichtert, als wir unsere Rucksäcke auf dem Band erblickten. Hat die spanische Abfertigung doch saubere Arbeit geleistet. Nur,,, wo ist mein Pilgerstab?? Ist dein Wanderstock auch weg ?Fragte mich die junge Frau aus dem Flugzeug. Trotz aller Bemühungen fanden sich unsere beiden Pilgerstäbe nicht an und wir mussten ohne sie zur Bushaltestelle. Mit einem Linienbus fuhren wir in die Altstadt von Santiago und verabschiedet uns von den zwei Pilgern und wünschten ihnen einen guten Weg und wir sehen uns bestimmt noch, denn sie hatten den selben Rückflug bis nach Hamburg,wie wir.
In der Altstadt von Santiago wurden wir empfangen von musizierenden Gruppen die durch die Straßen zogen.



 Überall war Musik und Trubel und so erreichten wir unser kleines Hotel direkt neben der Kathedrale, das Barbantes Libredon. Dort kann man für wenig Geld gut übernachten und vor allem, man ist mitten im Geschehen. Zum Praza de Obradoiro sind es nur wenige Meter. Wir stellten unsere Rucksäcke in unserem kleinen Zimmer ab und gingen hinaus in die Geschäftsstraße. Gleich gegenüber ist ein hübsches Caffee, wo sich gern die angekommenen Pilger treffen und miteinander ihre Ankunft feiern. Irgendwie waren wir heute doch auch angekommen und gingen eben in diesem Lokal ein Bier trinken. Natürlich kamen wir auch sofort mit einem Pilger ins Gespräch, der auf dem Camino Portugues unterwegs gewesen ist und in den schillernsten Farben darüber berichtete. Vielleicht machen wir das auch einmal,,,wenn wir gesund bleiben. Doch nun muss ich mir schnell noch einen Pilgerstab besorgen. Überall in den Straßen werden Stöcke angeboten mit irgendwelchen Souveniers, die daran befestigt sind. Nach einigem Suchen fand ich einen Stock, der richtig gut in der Hand lag. Die Kürbisflasche, die als Verzierung daran hing, schnitt ich kurzerhand mit meinem Taschenmesser ab und schenkte sie der Verkäuferin, die mich schon etwas komisch anschaute. In einem Lokal nahe der Kathedrale verzehrten wir unser erstes Pilgermenue in diesem Jahr und beobachteten anschließend noch Pilger vor der Kathedrale,die übermütig ihre Ankunft feierten. Es ist immer wieder ein unbeschreibliches Gefühl, vor diesem herrlichen Bauwerk zu stehen und dem Treiben auf dem Praza de Obradoiro zuzusehen.
Doch nach dem Essen werden wir langsam müde und morgen möchten wir dann auch nicht so spät auf unsere erste Etappe gehen und so machen wir uns auf den Weg zu unserem Hotel. Voller Unruhe und vor Aufregung können wir fast nicht einschlafen. Noch lange höre ich die fröhlichen Menschen durch die Straßen ziehen und die Straßenmusiker, die fast an jeder Ecke zu sehen sind.

Heute ist Sonntag und der Weg führt uns von Santiago nach Negreira  ca. 26Km
Es ist  7.10Uhr, als wir unser Hotel verlassen. Noch ist es dunkel, nur die Straßenlaternen werfen unsere Schatten auf die Straße. Ein Kribbeln durchläuft meinen Körper nach den ersten Schritten auf dem Camino und auch Ulla bekommt einen eigenartigen Glanz in ihre Augen. Als wären wir nach langer Zeit endlich wieder heim gekommen. Spüre ich die haltende Hand des Jakobus auf meinen Schultern. Meine Gedanken gehen zu meinen Freunden, die ich auf dem Camino 2008 kennen lernen durfte. Aloy, Dietmar und besonders Paul, der nach einer Krankheit noch mit seiner Kondition zu kämpfen hat. Vielleicht gehe ich den Weg um Danke zu sagen. Danke für diese wunderbaren Freunde und danke für mein ,,Engelchen,, an meiner Seite. Der Camino 2008 hatte es schon in sich. Mal sehen, was uns der Weg in diesem Jahr zu sagen hat.
Vorbei am Hotel Parador verlassen wir die Stadt und stehen nach wenigen Kilometern in einem wunderbaren Eukalyptuswald. Langsam geht die Sonne auf und färbt den Himmel rot-gold. Noch ist es richtig frisch, doch vor lauter Freude spüren wir die Kühle kaum. Erinnerungen an das Vergangene Jahr steigen in mir auf. Damals mussten wir eine Etappe mit dem Linienbus fahren, weil ich eine Sehnenentzündung im rechten Fuß hatte. Mein lieber Jakobus, bitte verschone uns dieses mal vor irgendwelchen Krankheiten und Schmerzen.
Bald sehen wir auch schon unseren ersten großen Wegweiser, in Richtung Finisterre.



Täusche ich mich, oder schmerzt mein rechter Fuß mal wieder? Erinnerung an das vergangene Jahr? Nein, da ist wirklich etwas. Als ob mein Schuh zu klein ist. Na ja, vielleicht sind die Füße etwas angeschwollen, von dem langen sitzen gestern im Flugzeug. Wird schon wieder werden. Wir überqueren eine große Straße und kehren in einer Bar auf der anderen Seite ein. Dort sitzen schon ein paar Pilger und genießen ihr Frühstück. Auch wir bestellen Kaffee und Bocadillo.  Immer mehr Pilger kehren hier ein ,manche ziehen auch vorbei. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen auf dem Camino Finisterre unterwegs sind. Im vergangenen Jahr war es auf diesem Weg total still und wir sind kilometerweit gewandert, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Nach unserer Pause zieht sich der Weg auf endlos erscheinenden Teerstraßen immer weiter Richtung Westen. Irgendwann gegen 15.Uhr kommen wir an unserem Tagesziel, der Albergue San Jose  in Negreira an. Dort hat es uns auch im vergangenen Jahr schon so gut gefallen. Super sauber, sehr nette Hospitalera und wunderbare Schlafräume. Und doch,,, mein rechter großer Zeh tut mir weh. Es ist, als seien meine Füße irgendwie gewachsen. An den Schuhen kann das nicht liegen. In denen bin ich schon im vergangenen Jahr auf dem Camino unterwegs gewesen. Wachse ich noch?? Eigentlich dachte ich, das ich aus diesem Alter raus wäre. Nun ja, Da sind wir nun in Negreira, einer richtig hässlichen Stadt, bis auf den alten Marktplatz, den wir beide einigermaßen ansprechend finden. Nachdem wir in der Albergue geduscht und unsere Füße gepflegt haben, ziehen wir unsere Freizeitschuhe an und bummeln in die Altstadt. Ein älteres Ehepaar mit einem gefährlich aussehenden Kampfhund kommen uns entgegen und Ulla drängte sich schon etwas hinter mich. Seid ihr deutsche? Fragte mich der Mann. Ja, warum? sieht man uns das an? Er lachte uns an und erzählte, das sie beide lange Jahre in Deutschland gelebt haben und nun im Alter wieder zurück nach Spanien gezogen sind. Nette Leute, aber den Hund habe ich vorsichtshalber nicht aus den Augen gelassen. Eigentlich liebe ich ja alle Tiere, aber bei einem Kampfhund von dieser Statur hört dann die Liebe doch auf.
 In einer Pizzaria kehren wir zum Abendessen ein und so gestärkt laufen wir zurück zur Albergue. Bis auf den letzten Platz ist alles belegt. Wir glauben, das der Camino Finisterre wohl doch immer beliebter geworden ist unter den Pilgern. So viele Menschen und bis jetzt haben sie alle noch keine Namen, das kommt bestimmt in den nächsten Tagen, wenn man sich öfter begegnet. Und noch eine Veränderung haben wir bemerkt, wir benötigen so gut wie nie einen Schlafsack. Überall in den Albergues, die wir im Verlaufe unseres Camino kennen lernten bekamen wir Decken, saubere Laken und Bezüge. Nur, darauf verlassen würde ich mich nicht.


In der Albergue San Jose, Negreira

Es war eine ruhige Nacht. Und im Traum begegneten mir Pilger, die ich auf den vergangenen Reisen zum Camino getroffen hatte. Gut erholt erwachte ich am nächsten Morgen. Von meinem oberen Bett schaute ich herunter zu meinem Engelchen. Nur ein Knäul aus Decke und Laken war zu erkennen. Es war noch dunkel und ich strengte meine Augen an, um zu sehen ob sich dort unten schon etwas rührt. Irgendwie hat meine Ulla wohl gespürt, das ich wach bin und es kaum noch aushalten kann in meinem Bett. Verschlafen schaut sie mich an und meinte:,, Ist es schon wieder so weit ?'' Müssen wir los? Die Rucksäcke waren schnell gepackt. Am Getränkeautomat ziehe ich für uns einen Kakao und wir essen etwas von unserem Proviant, der für Notfälle in unserem Rucksack verstaut ist. Dann geht es los. Ich hatte mir aus kluger Voraussicht ein GPS Gerät zugelegt. Es sollte uns im Dunklen helfen, unseren Weg zu finden. Im Vergangenen Jahr hatten wir ja so einige Probleme mit der Wegfindung. Ich setzte das Gerät in Gang schaute kurz auf die Wegbeschreibung und wir gingen los durch menschenleere Straßen. Es war doch schon 7.00Uhr und alles schien noch zu schlafen. Am Ortsausgang treffen wir eine junge Frau aus Kanada. Könnt ihr mir sagen, wie es hier weiter geht? Man kann ja kaum die Hand vor Augen sehen. Klar konnten wir. Dank modernster Technik. Dafür hat uns Gott doch den Erfindergeist gegeben warum soll ich nicht darauf zurück greifen. Durch einen dunklen Wald und über steinige Wege liefen wir weiter in Richtung Westen. Nach einigen Kilometern zeigte sich ein erstes Morgenrot am Horizont und unsere Umgebung sah schon etwas freundlicher aus. Da war ein Wegweiser zu einer Bar, wollen wir einen Kaffee trinken? Ulla willigte freudig ein. Kaffee und Madalenas, wie so oft auf dem Camino standen auf der Speisekarte zum Frühstück. Kurze Zeit später gesellte sich ein junges Pärchen aus dem Harz zu uns. Ich schätzte die zwei vielleicht auf Mitte zwanzig und sie erzählten uns, das sie von Leon aus auf dem Camino unterwegs waren. Nach einer kleinen Weile erreichte auch die Kanadierin, die wir irgendwo aus den Augen verloren hatten die Bar. Vielen, vielen Dank das ihr mich durch die Dunkelheit geführt habt.'' Ohne euch hätte ich den Weg bestimmt nicht gefunden. Auch sie war froh eine Pause einlegen zu können und frühstückte ausgiebig. Frisch gestärkt nahmen wir den Camino wieder unter unsere Füße. Rechts von uns erstreckte sich eine Bergkette und darüber ging die Sonne auf. Es war ein herrliches Bild und wir konnten uns kaum daran satt sehen.


Auf dem Weg nach Olveiroa

 Nach ein paar Minuten überholte uns das junge Pärchen mit dem Gruß,,wir sehen uns bestimmt noch auf unserem Weg nach Finisterre, buen Camino. Endlos ging es auf einer Teerstraße bergab und mein linker großer Zeh machte richtig Theater. Was ist blos los?? Meine Füße sind doch nicht gewachsen. Egal, was uns nicht unmittelbar umbringt macht uns nur härter. Die Sonne meinte es heute wirklich sehr gut mit uns und wir sind froh, als wir Stunden später an einer Bar ankommen. Sie liegt zwar direkt an der großen Straße aber das ist uns egal. Den Rucksack von den Schultern und die Beine ausgestreckt. Schon von weitem erkennen wir einen Pilger, den wir auch am vergangenen Tag schon gesehen hatten, auf uns zukommen. Er ist uns gleich aufgefallen. Groß, breit und seine langen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. Er zerrte seinen Rucksack von den Schultern und ließ sich auf einem Stuhl an unserem Tisch fallen. Hola, alles klar bei euch? Er berichtete uns von seinem Camino Primitivo und aus seinen Erzählungen merkte ich, das er wohl schon oft hier in Spanien unterwegs gewesen sein musste. Er gönnte sich ein großes Alster und kam dabei richtig in Redelaune und damit wurde er mir auch gleich sehr sympathisch. Er empfahl uns eine Herberge in Olveiroa und dann verabschiedeten wir uns von ihm und gingen weiter. Ich hatte das Gefühl, als sollte das noch nicht alles sein, was mir dieser Pilger zu sagen hatte, das ist bestimmt noch mehr und ich hoffe, wir sehen ihn noch einmal wieder. Aber, das kennen wir ja schon. Da lernt man Menschen kennen, man verliert sich und irgendwann trifft man sich dann doch wieder. Vielleicht!
Diese Etappe wollte einfach kein ende nehmen. Endlos zog sich der Weg auf Asphaltstraßen dahin. Es machte sich bemerkbar, das wir vorher nicht trainiert hatten und einfach so auf den Camino gegangen sind. Ulla brauchte noch eine Pause. In einem kleinen Dorf setzten wir uns auf eine Bank und streckten unsere Beine aus, so was nennt man wohl ,,Entschleunigung,, Endlich nach 34 Km kamen wir in Olveiroa an und mein ersten Gedanke war, jetzt ein gaaanz großes Bier. Die Alberge sah von außen schon einmal sehr einladend aus. Ein umgebauter Bauernhof mit einem kleinen Geschäft und einer Theke. Auch die Unterkunft war sehr ansprechend, sauber, gepflegt und ordentlich. Vor der Herberge standen ein paar Tische und Stühle und dort saß auch schon unser Freund mit den langen Haaren. Vor ihm stand ein großes Bier und als ich das sah, sagte ich:,, Das will ich auch, kalt und groß.'' Ulla und ich setzten uns zu ihm und er sagte:,, Übrigens, mein Name ist Andreas.'' Na, da hat doch der erste Pilger auch schon einen Namen. Es wurde wieder ein nettes Gespräch und es war schon toll, wie gut er sich auf dem Camino auskannte. Während unseres Gespräches spürte ich, wie uns eine junge Frau beobachtete. Immer wieder schaute sie Ulla und mich an und lächelte dabei. Bis sie uns erzählte, das sie uns aus dem Internet kennt. Ich hatte einmal ein Foto von meinem Engelchen und mir eingestellt, das uns am Kap Finisterre zeigte und das hatte sie doch tatsächlich gesehen. Auch sie setzte sich zu uns an den Tisch und wir erfuhren, das sie aus Persien stammte und das sie wahnsinnige Probleme mit ihren Füßen hatte. Ich glaube jeder Zentimeter ihrer Füße war irgendwie beklebt und auch die Knie waren bandagiert.


Andreas, Roja und Ulla in Olveiroa

 Übrigens, ihr Name war Roya,,,eine ganz liebe! Dann gesellten sich noch zwei Frauen zu uns . Margot und Andrea. Eine aus Bayern und die andere aus Thüringen. Die zwei hatten sich auf dem Camino kennen gelernt und sind richtig gute Freundinnen geworden. So etwas soll es ja geben. Hatte ich nicht 2008 die gleichen Erfahrungen gemacht? Nach einiger Zeit kannten wir fast von allen die Lebensgeschichten und es ist doch sehr erstaunlich, wie sehr sich alle gleichen und ich bin mir sicher, das alle mit starken Problemen zu kämpfen hatten und auch deshalb auf dem Camino waren. Es tat gut, nach einem anstrengenden Tag so viele liebe Menschen um sich zu haben. Menschen mit so vielen Gefühlen Problemen und so verletzlich. Gemeinsam mit Andresa gingen wir in einem nahe gelegenen Lokal zum Abendessen und anschließend tat es gut, unsere müden Beine auf unserem Bett auszustrecken und schon bald vielen uns die Augen zu.
Um 6.30 Uhr ist die Nacht vorbei. Heute wartet noch einmal eine lange Etappe von ca. 33Km bis nach Finisterre auf uns. Es ist noch dunkel, als wir vor der Herberge noch schnell einen Kaffee trinken. Roya, Margot und Andrea machten sich auch schon fertig zum Abmarsch, nur Andreas schien noch zu schlafen. Er wird uns bestimmt irgendwann überholen, wir werden sehen.


Kaffee vor der Albergue. Margot, Roya, Ulla und Andrea

Natürlich fütterte ich wieder mein GPS mit den heutigen Daten und dann gingen wir fünf los durch den dunklen Ort. Nach ein paar hundert Metern kamen wir an einen Abzweig von drei Feldwegen. Welchen nehmen wir jetzt. Andrea, Margot und Roya gingen zielstrebig auf dem unteren weiter. Irgendwas stimmte nicht. Ich schaute auf mein GPS und um etwas genaueres sagen zu können, ging ich einige Meter in den mittleren Weg und das war auch gut so. Genau hier mussten wir gehen. Dir drei Mädel waren schon weg, da half auch kein rufen und pfeifen. Unsere Stimmen wurden vom Frühnebel aufgesaugt . Was sollten wir tun. Vielleicht merken sie es noch rechtzeitig. Also gingen Ulla und ich weiter. Immer wieder drehte ich mich um und hoffte, die drei zu sehen, doch nun ging der Camino auch noch bergauf und bergab. Noch immer war es sehr dunkel als wir durch kleine verschlafene Dörfer wanderten. Mir gingen unsere drei Frauen nicht aus dem Kopf,und ich machte mir bittere Vorwürfe, das ich nicht hinter ihnen her gerannt bin, doch nun ist es zu spät und wir müssen weiter. Die aufgehende Sonne vertrieb dann auch langsam meine Zweifel und wir sahen nun die wunderbare Landschaft um uns herum. Nach einiger Zeit kamen wir an einen Kilometerstein, der nach links in Richtung Finisterre und rechts nach Muxia zeigte. Also links rum in Richtung Finisterre, zum Ende der Welt.


Kilometersten Finisterre Muxia

Immer weiter in Richtung Westen führte uns der Weg und die aufgehende Sonne warf unsere langen Schatten auf den Camino. Komisch, ich habe nie Sonnenaufgänge fotografiert. Liegt es daran, das man auf dem Jakobsweg immer nur nach vorn schaut und niemals zurück? Sollte man das im Leben nicht immer so machen?



Es war schon eine grandiose Landschaft durch die wir da gingen. Hell in der Sonne leuchtendes Heidekraut, strahlend gelber Ginster und über uns der blaue Himmel. Mein Gott, ist diese Erde doch schön. Irgendwann überholte uns dann das junge Pärchen, das wir gestern in der Bar getroffen hatten. Auch die zwei waren ganz fasziniert von der wundervollen Natur.,, Wir sehen uns in Finisterre und buen Camino.'' Sagten sie und zogen an uns vorbei. ...Die Kraft der Jugend! Wir kamen an einen Platz mit einer Alten Kirche und einem Brunnen und dieser herrliche Fleck Erde lud uns direkt ein, eine Rast einzulegen. Es gab natürlich mal wieder Brot,Käse und einen Apfel.



So gestärkt wanderten wir weiter in Richtung Cee. Nach ein paar Kilometern konnten wir in der Ferne den Atlantic erkennen und auch die Felsen vom Kap Finisterre zeichneten sich am Horizont ab. Welch ein toller Tag,,mal abgesehen davon, das mal wieder mein großer Zeh schmerzte.



Nun begann ein ganz fieser Abstieg über einen Weg voller Geröll und Steine. Endlos lang und immer abwärts. Mein Zeh tut weh. Langsam werde ich wehleidig und dann hilft auch nicht die schönste Aussicht. Dann hilft nur eine Pause. Kaum sind wir im Tal angekommen, erreichen wir den Stadtrand von Cee und ein paar hundert Meter weiter eine Bar, direkt an der Hauptstraße. Auf dem Gehweg standen ein paar Tische und Stühle. Ich lasse mich auf einen der Stühle fallen und Ulla besorgte uns etwas zum Trinken. Oh, tat das gut mal die Schuhe auszuziehen. Wenige Minuten später gesellte sich Andreas zu uns. Natürlich bestellte er sich ein großes kaltes Alster Und gemeinsam beobachten wir Pilger, die an uns vorbei zogen. Ich fragte ihn, ob er vielleicht Margot, Andrea und Roya gesehen hat denn mein schlechtes Gewissen quälte mich noch immer. Er berichtete ,das er die drei vor geraumer Zeit überholt hat und ich sollte mir keine Sorgen machen, sie sind auf dem rechten Weg. Danke mein lieber Jakobus!  Nach unserer Pause wollte auch diese Etappe kein Ende nehmen. Zwar konnten wir das Kap Finisterre schon in der Ferne sehen, doch irgendwie schien es dort festgewachsen zu sein, es wollte einfach nicht näher kommen. Irgendwann standen wir dann doch am Strand von Finisterre und Ulla schleppte sich nur noch mühsam voran. Unser Weg führte uns zu einer Pension, in der wir schon im vergangenen Jahr übernachtet hatten und wo wir uns für wenig Geld sehr wohl fühlten. Wir hatten Glück, es waren noch ein paar Zimmer frei und wir genossen es unsere Schuhe auszuziehen und die Beine hoch zu legen. Ein langer Pilgertag war damit doch noch nicht ganz vorüber. Ulla war,kaum das sie sich hingelegt hatte, auch schon eingeschlafen und ich machte mich auf den Weg zum Hafen. Meine Zunge schien am Gaumen zu kleben und ich hatte nur den einen Gedanken, trinken.Ich setzte mich auf die Terrasse eines Lokales in der Nähe der öffentlichen Albergue und vor mir stand ein großes, kaltes Bier. Kaum das ich den ersten kräftigen Schluck genommen hatte, sah ich Andreas über die Straße kommen. ,, Hola Jürgen, wo ist Ulla?'' Fragte er mich. Ich erzählte ihm von den Anstrengungen und das sie sich etwas aufs Ohr gelegt hat.... und dann kamen da doch Andrea und Margot des Wegs. War das eine Freude, aber wo ist Roya? Margot beruhigte mich und erzählte mir, das sie auch in Finisterre angekommen ist und irgendwo eine Pension bezogen hat. Nun ist alles gut und ich werde ruhiger. Alle sind da und niemand hat sich verlaufen.



Pension Lopez 

Ich ging mit den beiden zur Albergue, um ihre Urkunden zu holen. Es stellte sich heraus, das alle Betten bereits belegt waren und ich fragte sie, ob sie nicht auch in unserer privaten Pension übernachten möchten. Gemeinsam liefen wir zur Pension Lopez und siehe da, es war noch ein Doppelzimmer frei. Schnell rannte ich die Treppe rauf zu unserem Zimmer um Ulla die Neuigkeiten zu berichten. Sie lag noch auf dem Bett und schlief. Natürlich war es dann für sie mit der Ruhe vorbei, denn es gab ja einiges zu erzählen. Andreas getroffen, Andrea und Margot angekommen, übernachten in unserer Herberge und Roya ist auch irgendwo in Finisterre. Nun war sie hellwach und es ging ihr auch schon wieder wesentlich besser. Nach einer heißen Dusche machten wir uns auf den Weg zur Alberge, um nun auch unsere Finisterre Urkunde zu bekommen. Bewaffnet mit unseren Pilgerausweisen gingen wir in Richtung Hafen und dann zur öffentlichen Herberge. Schnell waren unsere Fragen beantwortet und die Stempel kontrolliert und dann konnten auch wir unsere Urkunde in Empfang nehmen. Bevor wir zum Abendesse gehen, wollten wir die Schriftstücke noch schnell aufs Zimmer bringen und auf dem Weg dort hin kam uns dann auch noch Roya entgegen. Freudestrahlend fielen wir uns in die Arme. Es ist doch wirklich wunderbar, wenn man so liebe Menschen wieder trifft. Bestimmt werden wir uns noch sehen, denn auch sie wollte am übernächsten Tag nach Muxia, allerdings mit dem Bus und wir zu Fuß. So ließen wir diesen anstrengenden Tag mit einem guten Abendessen ausklingen und freuten uns darauf, am nächsten Tag einmal auszuschlafen, denn das sollte unser Ruhetag werden.
Ausschlafen ist dann doch ein dehnbarer Begriff. Um 8.00Uhr saßen wir bereits beim Frühstück in eine Bar in der Nähe des Hafens und ließen uns den Milchkaffee und Toast schmecken. Bei unserem Bummel durch das Städchen trafen wir noch Margot und Andrea. Es war noch einmal eine sehr gute Unterhaltung bevor wir uns von den beiden verabschiedeten, denn am Nachmittag fuhren sie mit dem Bus wieder nach Santiago und am nächsten Tag ging dann ihr Flieger zurück nach Deutschland. Irgendwie hatte ich das Gefühl, sie wollten sich nicht vom Pilgerleben trennen und die Rückfahrt schien ihnen recht schwer zu fallen. So ist das nun einmal, irgendwann kommt für uns alle der Tag des ,,nach hause kommens,,und dann beginnt die Zeit, in der man anderen Menschen die Erlebnisse schildert und erkennen muss,vieles was uns der Weg gegeben hat, lässt sich nicht erklären. Für uns wurde es ein richtig schöner Tag. Schon vormittags gingen wir zum Kap und ließen uns den Wind um die Nasen wehen. Von dort aus wanderten wir zu einem Strand mit feinem weißen Sand, hohen Wellen und ganz wenigen Menschen. Zum baden war es allerdings etwas zu kalt , doch die Sonne wärmte uns ganz wunderbar und es machte Freude barfuß am Strand entlang zu gehen. Allerdings tat mir auch heute mein rechter großer Zeh sehr weh und so langsam färbte er sich blau. Ich verstehe die Welt nicht mehr.


Kilometerstein 0000 am Kap Finisterre

 Abends unternahmen wir noch einmal einen Spaziergang zum Kap und auch in diesem Jahr durften wir einen herrlichen Sonnenuntergang bewundern.



Wie es weitergeht? Morgen ist auch noch ein Tag :-)

Unseren Ruhetag ließen wir dann am Abend bei einem herrlichen Sonnenuntergang ausklingen. Noch lange unterhielten wir uns über all die, die in den nächsten Tagen in Richtung Heimat aufbrechen werden und wie sie das Erlebte wohl verarbeiten. Bringt der Camino auch ihnen so viele Veränderungen, wie in unserem Leben?
Am nächsten Morgen verlassen wir unsere Pension schon sehr früh, trinken noch schnell einen Kaffee am Hafen und gehen dann los in Richtung Muxia. Nur sehr langsam schafft es die Morgendämmerung sich gegen das Dunkel der Nacht durchzusetzen. Wir verlassen Finisterre in nördlicher Richtung und gehen auf Teerstraßen durch die Vororte. Plötzlich steht ein ganz junger Hund vor uns, begrüßt uns schwanzwedelnd und ist allem Anschein nach richtig froh, uns gefunden zu haben. Immer wieder springt er an uns hoch und ich habe schon Bedenken, das er einen Herzkasper erleiden könnte. Natürlich geht er ab jetzt an unserer Seite. Was sollen wir jetzt nur machen? Bei dem Gedanken, das wir den kleinen Kerl irgendwo zurücklassen müssen, stiegen mir schon die Tränen in meine Augen. Alles haben wir versucht. Wir setzten ihn in einen Vorgarten, hinter einen Zaun, doch er fand einen Ausweg. Wir versuchten ihn mit energischem Ton zu vertreiben, doch er freute sich einfach nur über unser Dasein. Zu guter Letzt drückten wir unseren kleinen Freund einer Bäuerin, die gerade ihren Hof kehrte, in die Arme und erklärten ihr unser Problem auf vier Pfoten. Sie verstand uns nur zu gut und wir machten schnell, das wir weg kamen. Schweigend gingen wir die nächsten Kilometer und immer wieder wanderten meine Gedanken zu dem kleinen Hund und ich wünschte, wir hätten in Hamburg die Zeit und den Platz, um so einen lieben kleinen Vierbeiner unterzubringen. Bergauf und bergab führte uns der Camino an der Küste entlang in Richtung Norden, bis wir an der Bar in Lires eintrafen. Wie schon im vergangenen Jahr wollten wir hier eine Pause einlegen und einen Stempel für unseren Pilgerausweis holen. Draußen saßen zwei Frauen und wir setzten uns ihnen gegenüber. Sogleich entwickelte sich ein sehr intensives Gespräch und wir erfuhren, das die ältere der beiden aus Finnland kam und hier in Lires eine Woche Urlaub machen wollte. Die zweite Frau erzählte uns von ihrem Camino und das sie eine deutsche mit türkischer Abstammung sei. Kaum hatten wir unseren Tee vor uns stehen, kam auch schon Andreas bei uns an. Hola und alles klar bei euch?? Wir erzählten ihm unsere Geschichte von dem jungen Hund und er musste etwas schmunzeln. ,, Also, das wundert mich überhaupt nicht'' sagte er. ,, Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so mit den Tieren redet wie ihr und dabei ist es vollkommen egal, ob es ein Hund, eine Katze, ein Vogel, eine Kuh oder ein anderes Lebewesen ist.''  ( Dabei hat er den Frosch vergessen, mit dem ich ausführlich darüber redete, warum man im Morgengrauen nicht so langsam auf der Straße unterwegs sein sollte).  Und da wundert ihr euch, das alle an euren Hacken kleben? Nun mussten wir doch alle lachen und irgendwie hatte er natürlich schon Recht. Wenn es nach uns ginge, würden wir alle diese lieben Tiere adoptieren und bei uns unterbringen. Wir redeten über den weiteren Weg und ich berichtete von der Flußüberquerung im vergangenen Jahr und das es dabei schon einige Probleme gegeben hatte. Andreas konnte uns beruhigen. Er hatte in einem Forum gelesen, das es seit Anfang 2011 an dieser Stelle eine Brücke geben soll und das wir bestimmt trockenen Fußes den Fluss passieren werden. Wir werden sehen. Nach einer wirklich sehr üppigen Torilla gingen Ulla und ich als erste. Andreas werden wir ja bestimmt in Muxia sehen und auch Jaqueline, die junge Frau an unserem Tisch, würde sich auf einen gemeinsamen Abend in Muxia freuen. Also zogen wir los und schon nach wenigen hundert Metern erreichten wir doch tatsächlich die angekündigte Brücke. Von oben sahen wir die großen Steinquader, über die wir noch im vergangenen Jahr gewackelt waren. Andreas flog mit schnellen Schritten an uns vorbei.,, Bis bald in Muxia und buen Camino.'' Weg war er. Ich freue mich schon auf ein weiteres Gespräch mit ihm, ein netter Kerl. Und wieder wollte diese Etappe kein Ende nehmen und mein Engelchen hatte ganz schön zu kämpfen.


Durch die Vororte von Finisterre


Und wieder nimmt die Etappe kein Ende. Mein Engelchen muss ganz schön,,beißen,,

Irgendwie schafften wir diese Etappe dann auch noch und kurz vor Muxia holte uns auch Jaqueline noch ein. Gemeinsam gingen wir in Richtung Hafen, dort wollten wir uns eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Schon von weitem winkte uns unser Highländer,,Andreas zu. Hola, habt ihr schon ein Bett für Heute?'' Leider nein und auch er war noch auf der Suche. Aber, gemeinsam geht alles besser. So standen wir vor einem Hotel in der City, doch leider reagierte niemand auf unser klingeln.Vom Balkon des Nachbarhauses sprach uns eine Frau auf bestem deutsch an.,, Sucht ihr ein günstiges Zimmer?'' Versucht es mal  am Ortsausgang in der Pension La Cruz. Mit der Besitzerin kann man bestimmt über einen günstigen Preis verhandeln. Es wurde noch ein längeres Gespräch, in dem wir erfuhren, das sie aus Köln stammte und hier in Muxia eine Weinbodega unterhielt..,, Ach, wisst ihr was, ich lade euch heute abend auf ein Glas Wein in meine Weinstube ein,,würde mich freuen, wenn ihr kommt.


die nette Bodega Besitzerin aus Köln, Jaqueline, Ulla und Andreas

 Natürlich sagten wir zu, verabschiedeten uns und machten uns auf den Weg zur Pension La Cruz. Jaqueline sprach sehr gut spanisch und führte für uns alle die Verhandlungen mit der Pensionswirtin. Es wurde gehandelt und gefeilscht und schließlich waren beide Seiten mit dem Resultat einverstanden und wir konnten unsere Quartiere beziehen.

Andreas und ich hatten natürlich mal wieder einen sehr großen Durst und suchten eine nahegelegene Bar auf während Jaqueline und Ulla sich etwas von den Strapazen des Tages erholen wollten. Zwischen Andreas und mir entwickelte sich ein wunderbares Gespräch, in dem wir uns gegenseitig aus unserem Leben erzählten. Schicksalsschläge, Freud und Leid aufarbeiteten und feststellen mussten, das es viele Gemeinsamkeiten in unserem Leben gab. Er berichtete von seinen Pilgertouren auf dem Camino und ich verstand ihn nur zu gut. Aufstehen,weitergehen, auch wenn man schon am Boden liegt. Mein lieber Andreas:,, Wer andere erkennt, ist klug. Wer sich erkennt ist weise. Wer andere bezwingt, ist stark. Wer sich besiegt, hat Macht. Der Genügsame ist reich. Der Unbeirrte weiß den Weg. der in sich ruhende hat Dauer. Wer sich vom Tod nicht töten läßt, der lebt.
Lass uns wie das Wasser sein. Es dient allen und es scheut sich nicht, auch die niedrigsten Stellen auszufüllen. Felder werden bewässert,Tiere trinken aus dem Bach und mit weichen Bewegungen gibt es Hindernissen nach, passt sich an.
Nach unserem Gespräch gingen wir zurück in unser Hotel,die Frauen abholen. Erholt von den Strapazen gingen wir dann gemeinsam in das kleine Städtchen. Wir kamen gerade recht zum Wochenmarkt und wir bummelten zwischen den Ständen,schauten uns die vielen Sachen an und manches wurde auch gekauft. An einem Obststand schenkte uns einer der Verkäufer frische Äpfel.



Gemeinsam mit Jaqueline gingen wir weiter zur Landzunge, auf der die Seefahrerkirche und das ,,steinerne Segel,, zu sehen ist. Andreas wollte etwas allein sein und wir verabredeten uns für den gemeinsamen Abend in der Bodega. Vor der Kirche war ein Stand aufgebaut, an dem man sehen konnte, wie man hierzulande Klöppelspitze fertigt.



Bereitwillig erklärte uns die ältere Dame was sie da gerade macht. Dann gingen wir zum Segel Felsen. Im Reiseführer hatten wir gelesen, das man neun mal unter dem Felsen hindurch kriechen sollte, damit man von Krankheiten gefeit sein sollte. Natürlich wollten Ulla und Jaqueline das gleich ausprobieren. Mal sehen ob es hilft. Auf alle Fälle war es ein riesiger Spaß.



Auch Jaqueline hatte das Bedürfnis, noch etwas allein zu sein und so gingen Ulla und ich zurück nach Muxia Stadt. Natürlich machten wir mal wieder die Bekanntschaft mit einem Straßenhund. Wieder einmal ein richtig netter Kerl, dem ich den Namen ,,Socke,, verpasste. Zu dritt streiften wir nun durch das Städtchen und für eine kleine Weile gehörten wir einfach zusammen. Irgendwann war er dann auch wieder verschwunden und wir gingen zurück zu unserem Hotel.
Gegen Abend machten wir uns dann gemeinsam mit Jaqueline und einem Pilgerfreund, den sie vor einigen Tagen kennen gelernt hatte, ( Felipe aus Malaga ) auf den Weg zum Weinlokal. Andreas trafen wir auf dem Weg dorthin und alle waren in einer fröhlichen Stimmung.
Es wurde ein richtig schöner Abend mit netten Gesprächen und Geschichten von unseren Jakobswegen.


Andreas unser Highlander
 

Jaqueline und Felipe
Keiner wollte so richtig zum Hotel zurück, wussten wir doch, das es am nächsten Tag auf getrennten Wegen weiter gehen sollte. Doch irgendwann geht alles vorüber, auch der schönste Abend. Adressen wurden ausgetauscht und der Abschied war schon wieder einmal sehr heftig. Ich hoffe, noch das ein oder andere Gespräch mit Andreas führen zu können, auch wenn die Zeit nach dem Camino beginnt und wer weiß, vielleicht sieht man sich auf einem der Wege wieder. Irgendwie lässt mich dieses Gefühl nicht los.

Am nächsten Morgen verlassen wir unser Hotel gegen 7.00Uhr. In der Nähe ist schon eine Bar geöffnet und mein Engelchen und ich beschließen, dort etwas zu frühstücken. Dort sitzen schon einige Spanier und auch unsere drei Freunde Jaqueline, Andreas und Felipe sind da. Ist es nicht schön, noch einmal gemeinsam Kaffee zu trinken! Die drei warten auf ihren Bus nach Santiago, der um 7.30Uhr abfahren soll. Noch einmal müssen wir uns verabschieden und dann geht es für uns wieder auf den Camino in Richtung Santiago.. Genau wie im vergangenen Jahr bemerken wir, das der Weg sehr schlecht ausgeschildert ist und wir sind froh, über die moderne Technik in unserem GPS. Ohne dieses Gerät wären wir auch dieses mal hoffnungslos verloren gewesen. Da gibt es also noch etwas Nachholbedarf!!
Es war richtig gutes Wanderwetter. Der Himmel bedeckt und angenehme Themperaturen. So marschierten wir auch guten Mutes Richtung Osten. In einer kleinen Dorfbar bestellten wir uns zur Mittagszeit ein großes Bocadillo und Kaffee, so gestärkt wanderten wir bis Olveiroa, dort hatten wir ja auch auf dem Hinweg schon übernachtet. Der Hospitalero kannte uns sogar gleich wieder und begrüßte uns sehr herzlich. Der große Schlafraum war schon ausgebucht von einer Jugendgruppe und im Nachbarraum erwischten wir gerade noch ein Hochbett. Es ist doch erstaunlich, wie viele Pilger von Santiago nach Finisterre gehen.
Nach einer ruhigen Nacht geht es am nächsten Morgen gegen 7.00Uhr wieder los. Heute nieselt es etwas doch wir beschließen, unseren Regenponco noch nicht auszupacken. Es ist richtig kühl und meine Hände sind schon ganz steif. Irgendwann klart der Himmel doch noch auf und nun kommen uns auch viele Pilger entgegen. Immer wieder ernten wir fragende Blicke und ich mache es mir zum Hobby, die entgegen kommenden zu zählen. Das ist schon sehr interessant und wir staunen wieder mal über das hohe Pilgeraufkommen. Als wir dann am Abend nach ca. 35Km in Negreira ankamen hatte ich über 180 Pilger gezählt und wir machen uns Gedanken, wo die alle Übernachten werden. In der Albergue San Jose fühlen wir uns auch an diesem Abend sehr wohl und als wir in unsere Betten kriechen fällt mir ein Ehepaar aus Schottland auf, das sich auch gerade ,,Bettfertig,, machte. Er hatte seine Unterhose bis zu den Achseln hochgezogen, was sehr lustig aussah und sie kam in einem huchdünnen kleinen Hämdchen daher.Pilger sind doch sehr individuell.
Und wieder geht es gegen 7.00Uhr los auf unsere letzte Etappe von Negreira nach Santiago de Compostela. Auch heute ist es zu Anfang recht kühl, doch nach einer Stunde kommt die Sonne heraus und gleich wird es warm. Wir ziehen vorbei an Weingärten und manchmal können wir nicht wiederstehen und die ein oder andere Weintraube wandert in unseren Magen.



Irgendwann sehen wir dann in der Ferne die Türme der Kathedrale. Aus dieser Richtung nach Santiago zu gelangen hat durchaus seine Reize!! Und dann umfängt uns plötzlich wieder der Troubel der Großstadt. Vorbei sind die Tage der Ruhe und der Stille nun heißt es wieder, sich an den Alltag zu gewöhnen und sich auf das ,,Nachhause,, kommen vorzubereiten.Was wohl unser Highlander macht. Immer wieder wandern meine Gedanken zurück zu unseren Gesprächen. In unseren Köpfen reift der Gedanke, im nächsten Jahr den Camino Primitivo zu gehen. Irgendwie sind wir doch mit dem Jakobsweg,seinen Menschen und den Erlebnissen verbunden. Ich habe das Gefühl, meine Bestimmung auf dieser Erde gefunden zu haben und ich glaube, meinem Engelchen geht es ähnlich wie mir. Mein lieber Jakobus ich kann dir nicht sagen, wie dankbar ich bin für diese Erfahrungen und für diese Menschen an meiner Seite. Ohne Dich hätte ich das alles nicht erleben dürfen und wenn es dir gefällt, dann lass uns 2012 wieder auf Tour gehen.



Diese zwei Wochen auf dem Camino Finisterre zeigten uns wieder, was für uns wahre Erholung bedeutet. Lassen wir einmal die Strapazen, Schmerzen und Schwierigkeiten des Weges beiseite, so bleibt doch die innere Ruhe. Bestimmt wird uns die Sehnsucht immer wieder zurück auf den Camino ziehen und wir hoffen, das uns noch Zeit auf dieser Erde bleibt, um unsere Erfahrungen und Gefühle zu vertiefen. Damals ging ich diesen Weg um den Sinn des Lebens zu erfahren und heute weiß ich, das Leben hat keinen Sinn, das Leben ist der Sinn. Seine Schönheit zu erleben,zu lieben und bewusst zu leben. Seinen ganz eigenen Platz auf dieser Erde zu finden,in Eintracht mit seinen Mitmenschen zu leben und anderen die Möglichkeiten aufzuzeigen, die man selber erfahren hat. Die Liste unserer Freund wird immer länger und meine Gedanke gehen manchmal von einem zum anderen und irgendwie haben wir alle doch etwas gemeinsames. Wir haben begriffen, das wir in jeder Lebenslage Pilger sind,die ihren Platz gefunden haben. Ich möchte allen danken, die mir den Weg ermöglicht haben, die mein Herz berührten,mich aufrichteten wenn es mal nicht weiter zu gehen schien und natürlich auch ein Danke an mein Engelchen, wie hätte ich sonst meinen Platz auf diesem Globus finden sollen.
Nun , wieder daheim beginnen die Vorbereitungen auf unseren Camino Primitivo 2012. Dieser Wunsch ist ganz tief in unseren Herzen und dann heißt es vielleicht in ein paar Monaten wieder.... wir sind dann mal weg!!