Der ,,Virus,, Camino lässt uns nicht los


...... und, was machen wir am Wochenende? Mit dieser Frage überraschte mich Ulla am Montag. Es ist Urlaubszeit und in ihrer Praxis herrschte Ruhe und wir konnten schon ab Freitag planen. Wie wäre es, wenn ich Dir einmal ein kleines Stück des fränkischen Jakobsweges zeigen würde? Hast Du Lust.??
Die Vorbereitungen für diese relativ kurze Wanderung gestaltete sich jedoch ganz anders, als eine Pilgerreise auf dem Camino Frances. Stundenlang versuchte ich per Telefon Übernachtungen zu buchen was so kurzfristig ein echtes Problem darstellte. Doch wir hatten Glück. In Zapfendorf, das ca. auf halben Weg zwischen Lichtenfels und Bamberg liegt, bekam ich noch ein Zimmer im,, Gasthof  Drei Kronen,, und auch in Bamberg fand ich noch eine Unterkunft im ,, Altstadt Hotel Molitor,, Nun konnte das Wochenende kommen.
Früh um 6.00 Uhr fuhren wir von daheim los. Trotz Urlaubszeit und Ferienbeginn in Bayern erreichten wir unser Ziel Lichtenfels gegen 10.00 Uhr. Hinter der Tankstelle an der Bambergerstraße parkten wir unser Auto und schnürten unsere Wanderschuhe. Der Rucksack kam uns sogar etwas schwerer vor, als auf unserer Pilgerreise nach Santiago. Was man in Deutschland so alles braucht, unglaublich.
So zogen wir los und schon nach wenigen Metern erkannten wir an einer Laterne das alt bekannte Zeichen des Jakobsweges, die Muschel.

  
Erster Wegweiser in Lichtenfels                                                            Die Basilika Vierzehnheiligen   

Ein geteerter Weg führt uns ansteigend weiter zum Waldesrand und bald erreichen wir den Parkplatz für Vierzehnheiligen. Steil bergauf führt uns der Weg auf dem Gehsteig neben der Straße am Diözesenhaus vorbei, hoch zur Basilika.
Im Jahre 1445/46 erschienen einem Langheimer Schäfer viermal das Christkind und die 14 Nothelfer. Zunächst wurde ein Kreuz, später eine Kapelle errichtet. Auf Veranlassung des Bamberger Fürstbischof Friedrich Carl von Schönborn und dem Abt von Langheim wurde nach Plänen von B. Neumann der Bau der Basilika im Jahre 1743 begonnen. Nach Abschluß der Innenarbeiten fand 1772 die Weihe statt. Das wertvollste Stück im Inneren ist bestimmt der Gnadenaltar von J.M. Feichtmayr, der die Stelle der Erscheinung markiert.
Im Umfeld der Basilika findet man neben Gasthäusern und Andenkenläden auch eine Brauerei mit Biergarten, der zum Verweilen einläd.

  
Das prachtvolle Innere der Basilika                                                         Brauerei Trunk

Nach der Besichtigung der Basilika führte uns der Weg vorbei an der Brauerei Trunk mit ihrem herrlichen Biergarten. Schade, es ist noch zu früh für einen kühlen ,, Nothelfertrunk,,
Schräg rechts führt der Weg steil bergauf über einen steinigen Weg und wir kommen ganz schön ins Pusten, denn es ist heute recht schwül und auch die Sonne meint es sehr gut.

  
Steil bergauf                                                                                                 Richtung Staffelberg

Nach dem Aufstieg erreichen wir den Ringwall auf einer Hochfälche mit wundervoll bunten Wiesen und einer Landschaft, die uns Erinnerungen an den Camino Frances vor Augen führt. Wenn ich es nicht genau wüsste, dann könnte ich glauben, auf einer Etappe zwischen Sarria und Portomarin zu laufen und doch ist es ganz anders. Beide haben wir das Gefühl, eine Wanderung zu machen und nicht auf einer Pilgerreise zu sein. Was macht nur den Unterschied aus? Ist es die Energie der millionen Pilger, die auf dem Camino Frances unterwegs gewesen waren? Ist es die Nähe des Jakobus- Grabes in Santiago? So wundervoll auch der fränkische Jakobsweg sein mag, die Mystik des Camino Frances fehlt.
Wir schwelgen in Erinnerungen und erfreuen uns an der herrlichen Natur. Wanderer kommen uns entgegen und ich ertappe mich dabei, wie ich sie mit einem buen Camino grüßen möchte.

  
Erinnerungen an den Camino Frances                                                 Herrliche Blumenwiesen 

Über steile Treppenstufen erreichen wir den Gipfelweg und gehen weiter über das Plateau zum Gipfelkreuz. Ist das nicht ein wundervoller Ausblick? Wir stehen auf den steil abfallenden Felsen und um uns herum liegt uns die Region Franken zu Füßen. Wir schauen über das Maintal mit den kleinen Dörfern und erkennen uns gegenüber das Kloster Banz. Vorbei am Staffelbergloch, Querkeleshöhle genannt, setzen wir unseren Rundgang fort und besuchen die Adelgundiskapelle.

  
Auf dem Hochplateau Staffelberg                                                            Das Gipfelkreuz

  
                                                                              Blick über das Maintal

  
                                                                             Die Adelgundis-Kapelle

Nach einigem Suchen fanden wir den etwas verstecketen und steil ins Tal führenden Weg Richtung Loffeld. Eigentlich ist der Weg wirklich gut beschildert, was uns nur noch zu unserem Glück fehlt, ist vielleicht der gelbe Pfeil, der uns in Spanien bis ans Ziel geführt hat, doch ich bin froh, das der Jakobsweg auch bei uns in Deutschland eine kleine ,,Auferstehung,, erlebt und sich auch hier einige auf den Weg machen. Wir gehen durch den verschlafenen Ort Loffeld weiter Richtung Dittersbrunn. Auf einer Bank mit einem herrlichen Ausblick ins Frankenland, machen wir Pause und verzehren unser ,,Pilgermenue,, das mal wieder aus Brot,Käse und Wasser besteht. Es ist sehr warm und die hohe Luftfeuchtigkeit macht uns etwas zu schaffen. Weiter führt uns unser Weg durch eine hügelige Landschaft mit bunten Wiesen. Nach ein paar Kilometer erreichen wir das Naturfreundehaus Doring. Wanderer können hier auch übernachten oder sich auf der Terrasse eine fränkische Brotzeit schmecken lassen.

  
               Vom Staffelberg führt der Weg steil bergab in Richtung Loffeld

  
Blick zurück auf den Staffelberg                                                         Richtung Dittersbrunn

Bevor wir in den kleinen Ort Dittersbrunn kommen, machen wir noch einen Abstecher zur St.-Veit-Kapelle auf dem Ansberg. Diesen Ort mag ich besonders gern. Ein wahrhaft Mystischer Ort. Umgeben vom größten geschlossenen Lindenkranz Europas erscheint uns die St.-Veits-Kapelle als ein stummer Zeuge längst vergangener Tage. Ich stelle mir diesen Ort im Winter vor. Weihnacht, Mitternachtsmesse, Schnee, Kerzenlicht und vielleicht ein Weihnachtslied. So stehe ich tief in meinen Gedanken versunken da und fast spüre ich, wie der Frost in meine Glieder fährt.
Ich erwache aus meinem Traum und die Sonne scheint, auch wenn sich ein paar dunkle Wolken am Himmel breit machen, so dürfen wir davon ausgehen, das es in den nächsten Tagen trocken bleiben wird und Schnee ist wohl auch kein Thema.

  
Die St.-Veits-Kapelle auf dem Ansberg                                              In der Ferne der Staffelberg

Nun geht es wieder bergab in Richtung Dittersbrunn. Durch eine Landschaft mit alten Häuser die im landestypischen, roten Fachwerk gebaut sind, vorbei an Getreide und Sonnenblumenfelder durch eine fruchtbare Gegend. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich noch in dieser Region wohnte bin ich diesen Weg oft in umgekehrtre Richtung gegangen. Wie sehr der Weg doch bergauf und bergab geht, sicher war dieser Weg eine gute Vorbereitung auf meinen Camino nach Santiago de Compostela.

  
Das Rathaus in Unterleiterbach im fränkischen Stil.                      Sonnenblumen am Wegesrand

Der Weg führte uns weiter vorbei am Bezirksklinikum Kutzenberg, durch Prächting und Unterleiterbach zu unserem heutigen Ziel Zapfendorf. Irgendwie wollte die Etappe kein Ende nehmen und zu allem Überfluß verspürte ich einen Schmerz unter meinem rechten Fuß. Auch Ulla war froh, als wir die ersten Häuser des kleinen Städtchens in der Ferne erkennen konnten. Eigentlich waren es nur 28 Kilometer, doch das ständige bergauf und bergab hat uns schon Kraft gekostet. Wir gingen durch Zapfendorf Richtung Hauptstraße und dort fanden wir auch unsere Herberge, den Gasthof ,,Drei Kronen,, Wir wurden sehr freundlich aufgenommen und nach einer ausgiebigen Duschaktion gingen wir in den Biergarten hinter dem Haus. Pilgermenue gibt es hier zwar keines, doch ein großes Bier und eine fangfrische Forelle stimmten uns sehr zufrieden. So viele Eindrücke und Erlebnisse die uns noch einmal durch den Kopf gingen. So geht ein Pilgertag dem Abend zu.

  
Gasthof ,,Drei Kronen,, in Zapfendorf                                                  Im Biergarten

Es war eine ruhige, erholsame Nacht. Auf uns wartete ein gutes Fühstück und eine Etappe von ca. 30 Kilometer bis zu unserem Ziel nach Bamberg. Bevor wir loszogen hatten wir noch ein nettes Gespräch mit unseren Wirtsleuten. Es sind doch viele Pilger unterwegs in dieser Region und das macht mich sehr glücklich habe ich doch die Hoffnung, dass das Pilgern auch bei uns in Deutschland seinen Nachwuchs findet.
Leichter Frühnebel zieht noch über die Felder als wir los gehen und die aufgehende Sonne wirft unsere Schatten auf den Jakobsweg. Ein so vertrautes Bild von unseren Reisen in Spanien.

  
Lange Schatten auf dem Weg                                                              Wildgänse aus dem Itzgrund

Der Weg führt uns entlang der Mainauen vorbei an Stoppelfelder, die ein willkommenes Nahrungsgebiet für Wildgänse sind in Richtung Ebing. Es läuft sich sehr angenehm auf den Wiesen- und Feldwegen und wieder kommt die Erinnerung in uns auf, als wir großen Pfützen und Schlammlöchern ausweichen mußten. Ein klein Wenig Galicien, das uns im Mai so sehr zu schaffen gemacht hatte.

  
Galicien Gefühle in Franken                                                                    Entlang der Mainauen

Über den Kellerweg, der seinen Namen den zahlreichen Kartoffel- und Bierkellern am Wegesrand verdankt ziehen wir in Ebing ein. Wo geht es denn nun weiter? Plötzlich fehlt die Beschilderung und etwas ratlos schauen wir uns um. Direkt neben uns öffnet sich ein Fenster und ein Mann fragt uns, wo wir denn hin möchten. Wir suchen den Jakobsweg Richtung Bamberg und hilfsbereit erklärt er uns den Weg... und nicht vergäss in der Kärch vorbei schaue. Natürlich wollten wir Ebing nicht verlassen ohne einen Besuch in der  Pfarrkirche St. Jakobus Maior.
In der barocken Kirche begegnen wir Jakobus gleich mehrfach unter anderem auf einem Gemälde hinter dem Altar von 1767/68 das den Kirchenpatron in Pilgerkleidung mit Stab und Kalebasse in einer Landschaft stehend zeigt. Über dem Bild die Inschrift:,, St. Jakobe ora pro nobis,,  ( Hl. Jakobus bitte für uns ) Als wir die Kirche verlassen bemerken wir noch eine Sandsteinstatue über dem Eingang.

  
Einer der zahlreichen Bierkeller                                                          Fränkisches Fachwerkhaus in Ebing

  
Pfarrkirche St.Jakobus Maior in Ebing                                                Gemälde mit Inschrift

Wir gehen zurück zum Ortskern. Auf dem Marktplatz sind Stände und Fahrgeschäfte aufgebaut und wir entnehmen einem Plakat, dass an diesem Wochenend Kärwa ( Kirchweih-Fest ) ist. Am Ortsausgang zelten einige Motoradfahrer und so mancher von ihnen sieht so aus, als wäre es eine kurze intenive Nacht gewesen. Es ist ein fruchtbares Land, durch das wir gerade gehen. Rechts und links des Weges Getreidefelder und am Ende des Weges steht ein großes Feldkreuz daruter eine Muschel die nach links zeigt in Richtung einer kleinen Feldkapelle der hl. Jakobus und Wendelin. Eigentlich ein willkommener Platz für eine Pause, doch nach einem kurzen Aufenthalt ziehen wir weiter.

  
Flurkapelle                                                                                                  Hl. Jakobus und hl. Wendelin

Der Weg führt uns weiter durch Felder und Wiesen, bis wir auf die viel befahrene B4 stoßen. Direkt gegenüber erkennen wir unseren Wegweiser, die Muschel, doch noch sind wir nicht auf der anderen Seite. Fahrzeug an Fahrzeug braust an uns vorbei und ich werde das Gefühl nicht los, hier gibt es nur schnelle und tote Fußgänger. Endlich erwischen wir eine Lücke und erreichen die gegenüberliegende Straßenseite heil und unversehrt. Wir setzen unseren Weg fort durch die grünen Wiesen des Itzgrundes. Rechts von uns erkennen wir den Markt Rattelsdorf mit seinem markanten Kirchturm. Eine Bewegung auf der linken Seite lässt uns innehalten. Ein Reh hüpft mit munteren Sprüngen durch das hohe Gras, bleibt kurz auf dem Weg stehen, wittert in unsere Richtung und macht sich dann schnell von dannen.

  
Versteckt zwischen Bäumen, der Markt Rattelsdorf       Ein Reh kreuzt unseren Weg

Wir setzen unsere Wanderung fort durch die Seenreiche Landschaft des Itzgrunges und ich denke zurück an die Zeit, als ich oft früh am Morgen durch dieses Tal gegangen bin und die Tierwelt beobachtet habe. Hier trifft man auf Graugänse, Fischreiher, Greifvögel, Kormorane, Störche, Hasen Rehe und anderes ,,Kleingetier,,
Wir kommen zum Daschendorfer Wehr und in der Ferne sahen wir die Häuser von Baunach.

  
Am Daschendorfer Wehr                                                                        Brücke in Baunach

Der Weg führt uns durch Wiesen, auf einem gepflasterten Weg und später auf dem Main-Radweg zum Ortseingang von Baunach. Wir überqueren die Bahngleise und der Wegweiser führt uns nach links vorbei am Sportplatz zu einer schönen Holzbrücke über das Flüsschen Baunach, die im Jahre 1987 erbaut wurde. Von der Brücke hat man einen wunderbaren Blick auf eine kleine Parklandschaft mit einer Sonnenuhr und auch auf den Kirchturm von Baunach.

  
Blick von der Brücke                                                                                Kirchturm von Baunach

Vor uns sehen wir die Schrepfersmühle, auch Tremelsmühle genannt und steigen rechts die steile Treppe hinauf und stehen direkt vor dem Chor der alten Pfarrkirche St.Oswald. An der Außenwand ein Steinrelief aus dem 14. Jahrhundert. Es stellt Christus am Lebensbaum dar. Weiter gehts vorbei am Pfarrhaus von 1844 und dem zweigeschossigen Beinhaus, das 1543 erbaut wurde. So gelangen wir auf den Marktplatz mit der Statue die den Pilger Überkum darstellt im Mittelpunkt. Rings um den Marktplatz herrliche alte Häuser, im fränkischen roten Fachwerk gebaut.

  
Überkum-Statue                                                                     Fachwerkhäuser auf dem Marktplatz Baunach

Weiter geleitet uns der Wegweiser zur Bambergerstraße und die Stufen hinauf zur Magdalenen-Kapelle. Wieder steigen Erinnerungen in mir hoch und ich denke daran, wie oft ich vor dem Altar der Kapelle für die Gesundheit meines Pilgerbruders Hans-Egon gebetet habe. Gedanken an meinen ersten Camino 2008 kommen mir in den Sinn. Ereignisse, Geschichten und Gesichter sind plötzlich so nah und auch die Freude, so viele liebe Menschen gefunden zu haben. So viel Unruhe in meinem Leben und ich denke an einen See, in den einer einen Stein wirft und das Wasser in Aufruhr bringt. Es dauert seine Zeit, bis sich die Wogen glätten und der See wieder still und ruhig da liegt. Wie viel ist seit dem geschehen und wie oft fällt noch ein Stein ins Wasser, bis alles wieder geglättet ist. Ich zwinge mich an das Jetzt zu denken, denn alles was in diesem Augenblick passiert ist doch im nächsten Moment Vergangenheit.

  
                                                Überkumkapelle St. Magdalena in Baunach

Wir verlassen die Kapelle und gehen weiter Richtung Waldesrand. Es wird viel gebaut und es sind seit meinem letzten Besuch viele neue Häuser entstanden. Schade, das sie so gar nicht in diese Landschaft passen wollen. Links taucht ein Rastplatz auf und wir machen eine kleine Pause. In meinem rechten Stiefel breitet sich ein Schmerz aus und ich bin froh, als ich meine Schuhe ausziehen kann. Eigenartig, so lang waren unsere Etappen doch gar nicht.
Auf einem Forstweg führt uns der Jakobsweg weiter durch einen wundervollen Mischwald, vorbei an einer Forsthütte in Richtung Dörfleins.
Nach einigen Kilometern erreichen wir ein großes Holzkreuz in mitten einer herrlichen Wiese. Von hier aus hat man einen tollen Rundumblick über Bamberg, die fränkische Schweiz bis hin zum Weinanbaugebiet Maintal.

  
Holzgreuz auf der Wiese                                                                    Rundblick auf Bamberg und Umland

Ein schöner Platz um zu verweilen und den Ausblick zu genießen.
Auf einem Naturlehrpfad geht es bergab zum ,,Diller Keller,, Leider gibt es noch keine Brotzeit, doch zum Trinken bekommen wir doch etwas von dem freundlichen Wirt. Was ist blos mit meiem Fuß los, der Schmerz will einfach nicht nachlassen.

  
Der ,, Diller Keller,, in Dörfleins                                                    Hier wird das kühle Kellerbier ausgeschenkt

Nun ist es vorbei mit der Ruhe des Waldes. Weiter wandern wir durch Hallstadt an einer viel befahrenen Straße entlang. Kilometer um Kilometer. Es will kein Ende nehmen und zu allem Überfluß verstärkt sich der Schmerz in meinem Fuß und auch der linke Fuß beginnt zu brennen. Wir rätseln herum, woran es wohl liegen könnte und da fällt es mir ganz plötzlich ein. Was hat mich mein Pilgerbruder Paul gelehrt? Niemals morgens duschen, das weicht nur die Füße auf und nicht vergessen, die abendliche Fußpflege.... Natürlich hatte ich in der Frühe geduscht und meine Hirschtalgsalbe, die mir in Spanien so wichtig war, liegt gut und trocken bei uns daheim. Wir wollten doch nur zwei Etappen auf dem fränkischen Jakobsweg laufen, da braucht man sich nicht so sehr an die Regeln halten. Die Quittung bekomme ich jetzt! Doch ich erinnere mich auch daran, wie tapfer meine Ulla in Spanien mit ihren Schmerzen umgegangen ist und da gibt es für mich nur eins, auf die Zähne beißen und weitergehen.
Wir gelangen in die Fußgängerzone und werden von Menschenmassen umflutet, fast wie in Santiago.
Mein Telefon klingelt und ganz verwundert gehe ich dran. Es meldet sich das Altstadthotel Molitor und die freundliche Dame am anderen Ende eröffnet mir, das wohl ein Fehler bei der Buchung aufgetreten sei. Leider sind sie total ausgebucht und können uns keine Unterkunft bieten. Und, was sollen wir jetzt tun? ,, Ich habe für sie ein anderes Hotel gefunden, in dem sie Übernachten können. Reisen sie mit dem Auto an''? Ich sagte ihr, das wir zu Fuß unterwegs sind, was sie in arge Probleme versetzte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, sie kam damit nicht so ganz zurecht das es noch Menschen gibt, die mit Rucksack und Wanderstab nach Bamberg kommen. Sie fragte mich, ob wir damit einverstanden sind in der Brudermühle zu übernachten. Ich kenne dieses Hotel der gehobenen Klasse direkt an der Brücke am Altstädter Rathaus und willige ein. Mal sehen, wie wir dort als Wanderer aufgenommen werden.
Wir bahnen uns unseren Weg durch die Fußgängerzone und oft drehen sich Menschen nach uns um und schauen uns etwas misstrauisch hinterher.

  
In der Fußgängerzone am grünen Markt                           Touristenmassen vor dem altstädter Rathaus

Auf der oberen Brücke bleiben wir einen Moment stehen und genießen den Blick auf die alten Fischerhäuser von ,,klein Venedig,, und auf das altstädter Rathaus, das von den Fluten der Regnitz umspült wird.

  
Fischerhäuser von ,,klein Venedig,,                                                    Das altstädter Rathaus

Wir überqueren die Sandstraße und steigen hinauf zum Dom. Touristen aus allen Herrenländern tummeln sich auf dem großen Platz und die Stadtführer haben ganz schön viel zu tun. Ich spüre, wie uns jemand beobachtet und dann tritt ein Mann auf uns zu und fragt, ob wir als Jakobuspilger unterwegs sind. Er war vor ein paar Jahren auch auf dem Camino unterwegs von Taize, das liegt in Frankreich, bis nach Santiago de Compostela und er hat ein Buch darüber geschrieben. Er überreicht mir einen kleinen Zettel mit seiner E-Mail Adresse und einem Hinweis auf sein Buch. Dann wünschte er uns noch einen schönen Aufenthalt in Bamberg und einen buen Camino. ,, Was hältst du davon.'' Fragte mich Ulla und ich sagte ihr, das ich mich gern nachher in einem Bücherladen in der Stadt nach diesem Buch erkundigen würde.
Wir gingen am Dom vorbei zur Jakobus Kirche. Für mich persönlich hat diese Kirche mehr zu sagen als der Dom, der von außen zwar sehr imopsant erscheint, doch im Inneren kühl und nüchtern wirkt.
Über dem Eingang zur Jakobs Kirche wurden wir von unserem Schutzpatron, dem hl. Jakobus begrüßt und ein Gefühl des Nachhause kommens umgab mich, als wir das Innere betraten. Vor dem Altar dankte ich für alles, was ich an Glück und Veränderung durch ihn erfahren habe.
Als ich so da stehe, kommt mir eine Geschichte in den Sinn.
Ein Mann kommt in den Himmel und wird von Gott empfangen. Gott lässt ihn auf sein Leben zurück blicken und als der Mann sich seinen Lebensweg anschaut bemerkt er neben seinen Fußspuren, noch weitere Fußabdrücke. Er fragt Gott, wer denn da neben ihm gegangen sei und der antwortet:,, Ich war es, der neben dir ging.'' Aber da, sagte der Mann Als ich in Gefahr war ist nur eine Fußspur zu sehen, warum warst du in diesem Moment nicht an meiner Seite?'' Du irrst dich, ich war bei dir und habe dich getragen.'' sagte Gott.
Manchmal glaube ich auch von unserem Schutzheiligen getragen worden zu sein. Was haben Ulla und ich in diesem Jahr auf dem Camino so alles erlebt und überstanden.
Ein Moment der Stille, bevor es zu unserem Hotel geht. An der Rezeption vom Hotel Brudermühle empfing uns ein junger Mann. Verstohlen ließ er seinen Blick über uns und unsere Ausrüstung schweifen, als er in seinem Gästebuch blätterte. Alles war in Ordnung und er führte uns zu unserem Zimmer. Ich zog meine Wanderstiefel aus und siehe da, unter beider Füßen zeigten sich riesige Blasen. Da hatscht man hunderte Kilometer in Spanien umeinander ohne auch nur eine Blase zu bekommen und kaum pilgern wir in Franken, tummeln sich die Blasen nur noch so auf meinen Fußsohlen. Doch ich bin selber Schuld. Mein lieber Paul, wenn Du das liest, verzeih mir meine Nachlässigkeit. Ich hätte auf Dich hören sollen. Vielleicht schaut auch in diesem Moment mein alter Sani Hans-Egon vom Himmel herab und schüttelt seinen Kopf über meine Unvernünftigkeit..
Nach einer kleinen Pause im Hotel gehen wir in die Fußgängerzone und in einer Buchhandlung bekomme ich wirklich dieses Buch, das mir der Pilger vor dem Dom angepriesen hat. Am liebsten würde ich gleich anfangen zu lesen.
In einem Mexikanischen-Lokal essen wir zu Abend und beschließen den Tag auf dem Domplatz. Die untergehende Sonne zauberte  ein wunderbares Licht auf den Dom und wir lassen die letzten Tage noch einmal in Gedanken an uns vorüberziehen. Morgen fahren wir dann mit der Bahn nach Lichtenfels und von dort mit unserem Auto Richtung Heimat.
Alles in Allem waren es wirklich schöne Tage und ich freue mich sehr darüber, das der fränkische Jakobsweg so gut ausgeschildert ist. Vielleicht kommt der ein oder Andere auf den Geschmack und macht sich auch auf die Socken und geht einmal durch das schöne Frankenland.

                                    Abendsonne auf dem Bamberger-Dom






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Übrigens habe ich das Buch,, Laufend loslassen,, das ich mir in Bamberg kaufte, wahrhaft verschlungen. Es ist ein sehr persönliches Buch und der Autor lässt uns an seine Erkenntnisse teilhaben. Es ist kein Fachbuch oder Reiseführer nein, es ist eine ehrliche Geschichte, wie sie jedem von uns wiederfahren kann. Vieles erkannte ich und manches erlebte ich ähnlich.                    Danke für ein ehrliches Buch !